Dies ist die Dokumentation des fortgeschrittenen Praktikums von Selina Kunkel und Sascha Hund unter der Betreuung von Frau Dr. Susanne Krömker der Visualization and Numerical Geometry Group. Ziel des Projekts war einerseits die Modellierung des Patrick Henry Villages wie es derzeit als Planungsmodell der IBA Heidelberg vorliegt, als auch die Berechnung des Solarpotenzials verschiedener Gebäudekomplexe um Anregungen zur tatsächlichen Gebäudeplanung zu geben. Die Zielsetzung wurde dabei in Zusammenarbeit mit der IBA Heidelberg getroffen.
Das Patrick Henry Village wurde ursprünglich als Wohnsiedlung für US-Soldaten und deren Familien erbaut. Durch den
Umzug der Kaserne wurde das Gebiet 2013 wieder an die Stadt zurück gegeben und seit 2014 als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt.
Im Rahmen der IBA Heidelberg werden nun Zukunftsszenarien entwickelt, die mögliche Verwendungszwecke der Baufläche vorstellen.
Von großer Bedeutung für diese sogenannte PHVision ist eine zukunftsorientierte Energieversorgung für den Stadtteil, der 10.000 bis
15.000 Menschen als Wohnfläche dienen soll. [1]
Zur Berechnung des Solarpotenzials kamen folgende Lösungen in Frage:
Die ersten drei genannten basieren dabei auf Geographic Information Systems (GIS) und die vierte Lösung von Autodesk auf dem
Building Information Modeling (BIM). Während ArcGIS
eine sehr umfangreiche kommerzielle Lösung darstellt, ist GRASS GIS
ein Open Source Projekt mit dem ebenfalls sehr ausführlichen r.sun Modell. Dieses r.sun Modell liegt unter anderem der Arbeit von Liang et al. [2] zugrunde.
Um letztlich weitere Kompatibilität zu gewährleisten, wurde das aus der Autodesk-Produktfamilie stammende Tool Revit verwendet.
Revit unterstützt wie erwähnt BIM, das es ermöglicht, alle für die Planung relevanten Bauwerksdaten (wie Architektur,
Gebäudetechnik und Tragwerksplanung) digital zu erfassen und zu kombinieren.
Vielmehr unterstützt Revit die 2D- sowie 3D-Modellierung bauteilorientierter Gebäudemodelle. Änderungen im Planungsprozess werden hierbei automatisch im gesamten Projekt ausgeführt,
wodurch die Entwürfe und Dokumentation konsistent bleiben.
Um die Gebäudeeffizienz besser bestimmen zu können, bietet sich das von Autodesk bereitgestellte Plugin Insight an, welches Energie-, Licht- und Solaranalyse in Revit integriert. Dieses Plugin wurde auch nachfolgend verwendet, um das Solarpotenzial einzelner Gebäudekomplexe zu berechnen.
Im Folgenden wurde der Fokus auf vier Gebäudekomplexe gelegt, die alle ein markantes Beispiel bilden. Das Solarpotenzial wurde bei diesen innerhalb eines Jahres untersucht, wobei die Wetterdaten, die das Plugin hierfür verwendet, aus dem Jahre 2010 stammen.
Zunächst wurde das Gebäude in Revit nachmodelliert und das Solarpotenzial der Dächer betrachtet:
Wobei die Berechnung mit Insight folgendermaßen ausgegeben wird:
Hier zeigt sich bereits, dass die für die Solarzellen ausgewählte Fläche, wesentlich schlechter geeignet ist,
als der hintere Bereich des Modells, da dieser das maximale Solarpotenzial über das gesamte Jahr hinweg ausschöpfen kann.
Gesamtpotenzial des Gebäudes:
unvorteilhafter Komplex (Modell 1) |
|
---|---|
Dächer Potenzial (1.434m²) |
1.697.959 kWh 921 kWh/m² |
Dächer min | 121 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (13.817m², mit Wänden) |
4.438.454 kWh 354 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² |
Solarpotenzial der Dächer:
Hier fällt schon beim alleinigen Betrachten der Dächer auf, dass es Bereiche gibt, die nie von Sonnenstrahlung
getroffen werden.
Gesamtpotenzial des Gebäudes:
Treppenkomplex (Modell 2) |
|
---|---|
Dächer Potenzial (1.844m²) |
1.254.869 kWh 875 kWh/m² |
Dächer min | 0 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (12.536m², mit Wänden) |
3.590.293 kWh 274 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² |
Um nun den Einfluss der Umgebung zu betrachten, wurde ein Hochhaus direkt neben das
Treppengebäude modelliert und das Solarpotenzial erneut berechnet:
Schon bereits hier fällt auf, dass der Maximalwert von 1056 kWh/m² wegen der ungünstigen Lage nicht mehr erreicht
werden kann.
Gesamtpotenzial:
Treppenkomplex mit Turm (Modell 2) |
|
---|---|
Dächer Potenzial (1.844m²) |
960.646 kWh 670 kWh/m² |
Dächer min | 0 kWh/m² |
Dächer max | 981 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (12.536m², mit Wänden) |
2.986.240 kWh 228 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 981 kWh/m² |
Solarpotenzial der Dächer:
Gesamtpotenzial:
Turmkomplex (Modell 3) |
|
---|---|
Dächer Potenzial (2.129m²) |
1.826.882 kWh 858 kWh/m² |
Dächer min | 0 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (13.846m², mit Wänden) |
4.460.169 kWh 322 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² |
Hier fällt auf, dass einer der beiden Türme innerhalb des Modells einen recht großen Schatten wirft.
Infolgedessen wurde betrachtet, wie sich das Vertauschen der Höhen auf das Solarpotenzial auswirkt:
Gesamtpotenzial:
Turmkomplex angepasst (Modell 3) |
|
---|---|
Dächer Potenzial (2.129m²) |
1.903.994 kWh 894 kWh/m² |
Dächer min | 0 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (13.817m², mit Wänden) |
4.573.029 kWh 331 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² |
Folglich verringert sich durch das Anpassen der Höhen das Ausmaß der Verschattung und gleichzeitig wird damit das Solarpotenzial erhöht.
Solarpotenzial der Dächer:
Gesamtpotenzial:
Da bei diesem Gebäudemodell recht viel Verschattung stattfindet, soll an diesem Beispiel untersucht werden, wie sich
die Ausrichtung innerhalb des Gesamtmodells auf das Solarpotenzial auswirkt.
Hierfür wurde das Modell zunächst um 90° nach rechts rotiert:
Gesamtpotenzial:
Bereits hier lässt sich eine Verbesserung feststellen, da das minimale Solarpotenzial von 70 kWh/m² auf 74 kWh/m² ansteigt.
180°-Rotierung:
Gesamtpotenzial:
Nach einer erneuten Rotierung um insgesamt 180° steigt das minimale Solarpotenzial weiter auf 76 kWh/m².
270°-Rotierung:
Gesamtpotenzial:
Die finale Rotierung erzielt keine weitere Verbesserung mehr.
Jedoch zeigt sich im Gesamtbild, dass die ursprünglich gewählte Ausrichtung, die für das Solarpotenzial ungünstigste ist.
Schattenkomplex (Modell 4) |
SK 90°r (Modell 4) |
SK 180°r (Modell 4) |
SK 270°r (Modell 4) |
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Dächer Potenzial (1.998m²) |
1.418.045 kWh 710 kWh/m² |
1.624.505 kWh 813 kWh/m² |
1.766.686 kWh 884 kWh/m² |
1.585.214 kWh 794 kWh/m² |
Dächer min | 70 kWh/m² | 74 kWh/m² | 76 kWh/m² | 73 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial (19.158m², mit Wänden) |
4.978.963 kWh 260 kWh/m² |
5.263.143 kWh 275 kWh/m² |
5.338.252 kWh 279 kWh/m² |
5.215.398 kWh 272 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² |
Abschließende Gegenüberstellung des Solarpotenzials der verschiedenen Gebäudekomplexe:
Modell 1 | Modell 2 | Modell 2 mit Turm |
Modell 3 | Modell 3 angepasst |
Modell 4 | Modell 4 90°r |
Modell 4 180°r |
Modell 4 270°r |
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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Dächer Potenzial | 1.697.959 kWh 921 kWh/m² |
1.254.869 kWh 875 kWh/m² |
960.646 kWh 670 kWh/m² |
1.826.882 kWh 858 kWh/m² |
1.903.994 kWh 894 kWh/m² |
1.418.045 kWh 710 kWh/m² |
1.624.505 kWh 813 kWh/m² |
1.766.686 kWh 884 kWh/m² |
1.585.214 kWh 794 kWh/m² |
Dächer min | 121 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 70 kWh/m² | 74 kWh/m² | 76 kWh/m² | 73 kWh/m² |
Dächer max | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 981 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² |
Gesamt Potenzial | 4.438.454 kWh 354 kWh/m² |
3.590.293 kWh 274 kWh/m² |
2.986.240 kWh 228 kWh/m² |
4.460.16 kWh 322 kWh/m² |
4.573.029 kWh 331 kWh/m² |
4.978.963 kWh 260 kWh/m² |
5.263.143 kWh 275 kWh/m² |
5.338.252 kWh 279 kWh/m² |
5.215.398 kWh 272 kWh/m² |
Gesamt min | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² | 0 kWh/m² |
Gesamt max | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² | 1056 kWh/m² |
Somit zeigt sich, dass bei der Planung des Solarpotenzials einige Faktoren großen Einfluss nehmen und beachtet werden müssen, wie die richtige Wahl der Fläche für geplante Solarzellen, die Höhenunterschiede innerhalb eines Komplexes, sowie die Höhe der umliegenden Gebäude und schließlich die Ausrichtung innerhalb des Gesamtmodells.
Revit ist ein umfangreiches Architektur-Programm, das das Einplanen vieler Details, wie unter anderem die Materialbeschaffenheit, erlaubt. Beim Export der in Revit erstellten Gebäude entstehen dadurch dreidimensionale Strukturen, die bei der Weiterverwendung der Modelle, etwa, in einer Game Engine, unnötig viele Knoten und Kanten aufweisen, da in diesem Fall nur Oberflächen benötigt werden. Ein Python-Skript soll dabei helfen, diese überflüssigen Knoten zu entfernen und die Modelle so zu vereinfachen.
Beim Import der Modelle aus Revit in Blender wird ersichtlich, dass die Stärke von Wänden und Dächern mit einbezogen wurde. Einige Eckpunkte von Dächern und Wänden überlagern sich jedoch, wodurch einige Knoten entfernt werden können, ohne die äußere Form der Gebäude zu verändern.
Um dies zu erreichen können zunächst beim Durchlauf aller vorhandenen Knoten im jeweiligen Modell zusammengehörige Gruppen erstellt werden, die durch den Aufruf der bpy.ops.mesh.select_linked() Funktion aus der bpy-Bibliothek zu ermitteln sind. Durch einen Abgleich der Differenz der gegebenen Höhenwerte aller enthaltenen Knoten einer solchen Gruppe mit einem Schwellenwert erfolgt eine Sortierung in die Gruppe walls beziehungsweise roofs.
Beim Durchlauf der Knoten im walls-Array können alle Knoten, die nicht dem minimalen Z-Wert der Gruppe entsprechen, entfernt werden, da es für jeden Knoten der diesem Kriterium entspricht einen Knoten im Array roofs mit den gleichen XY-Koordinaten gibt, mit dem die Knoten am Boden später verbunden werden können, ohne dass wichtige Informationen der Wand verloren gehen.
Nach dem Entfernen der redundanten Wand-Knoten, wird eine ähnliche Vorgehensweise auf die im roofs-Array befindlichen Knoten angewandt. In diesem Fall können die Knoten entfernt werden, die nicht dem maximalen Z-Wert der Gruppe entsprechen, also demnach nicht zur oberen Oberfläche der Dachstruktur gehören.
Die Knoten am Boden werden dann mit dem oder den jeweils den XY-Koordinaten entsprechenden Knoten
verbunden und anschließend in einem letzten Durchlauf durch einen erneuten Aufruf der bpy.ops.mesh.edge_face_add()
Funktion die jeweiligen Oberflächen erstellt.
Durch das Skript können einfache Gebäude, die lediglich aus linearen Wandelementen bestehen, etwa 54 % an
Knoten zur Darstellung der Oberflächen ohne Verlust von relevanten Informationen eingespart werden.
Die auf diese Weise reduzierten Modelle eignen sich für weitere Berechnungen oder zum Import beispielsweise in einer Game Engine
um dort etwa Virtual Reality Projekte oder Simulationen zu erstellen.