Was muss ein Computerprogramm wissen bzw. können, um ein deutsches Gedicht mit Paarreim schreiben zu können?

Einschränkungen:

Da es viel zu kompliziert wäre, ein solches Programm, zu schreiben, das die gesamte deutsche Sprache beherrschen würde, muss man gewisse Vereinfachungen bzw. Einschränkungen vornehmen. Dazu gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Man bildet möglichst einfache Sätze und beschränkt sich auf die Wortarten Nomen, Verben, Adjektive und Adverbien.

  2. Man gibt dem Programm z. B. 300 Nomen, 100 Verben und 100 Adjektive bzw. Adverbien vor, mit denen es arbeiten soll, da diese schon zur Bildung der einfachsten Sätze ausreichen.

  3. Man lässt Eigennamen weg und benutzt nur Substantive.

  4. Man verwendet nur Substantive mit bestimmten Artikeln und im Singular.

  5. Man schreibt nur im Aktiv.

  6. Als Tempus wählt man den Präsens.

  7. Man gebraucht nur Verben in der 3. Pers. Singular.

  8. Bei Adjektiven und Adverbien lässt man die Steigerungsformen (Komparation) beseite.

  9. Jeder Vers, bis auf den letzten, endet mit einem Komma. Am Ende des letzten Verses steht ein Punkt.

Man schreibt also Verse, die aus je genau einem Satz bestehen. Dieser Satz beginnt immer mit einem bestimmten Artikel (großgeschrieben), diesem folgt das (ebenfalls großgeschriebene) Substantiv im Singular, danach kommt ein Verb in der 3. Pers. Singular Präsens (kleingeschrieben) und anschließend ein Adjektiv (kleingeschrieben). Der Satz wird mit einem Komma bzw. einem Punkt beendet.

Benötigte Informationen für das Programm:

Um dies tun zu können, muss man dem Programm folgendes mitteilen:

  1. Die Wörter, die es benutzen soll.

  2. Zu welcher Wortart die einzelnen Wörter gehören.

  3. Das erste Wort des ersten Satzes wird großgeschrieben.

  4. Alle Substantive werden großgeschrieben, alle anderen Wörter werden kleingeschrieben.

  5. Den Genus der Substantive und die jeweils zu ihnen gehörenden bestimmten Artikel.

  6. Die konjugierten Formen der dem Programm bekannten Verben in der 3. Pers. Sing. Präsens.

  7. Den Aufbau eines Satzes: Best. Artikel - Substantiv - Verb - Adjektiv/Adverb - Komma/Punkt.

Das Reimen:

Damit das Programm auch reimen kann, muss man ihm zuerst definieren, was ein Reim ist: Zwei Wörter reimen sich, wenn bei ihnen das betonte Vokal und der nachfolgende Teil des Wortes gleich klingen. Man will einen Paarreim bilden, d. h. die jeweils letzten Wörter des ersten und zweiten Verses sollen sich reimen, die letzten Wörter des dritten und vierten Verses sollen sich reimen usw. Hier sind es die Adjektive. Deshalb muss man dem Programm bei den Adjektiven zusätzlich mitteilen, wo sie betont werden müssen. (Bei anderen Satzstrukturen mit anderen Wortarten, wenn man also nicht angibt, welche Wortart am Ende jedes Verses steht, müsste man die Betonungen aller dem Programm bekannter Wörter angeben.) Beim Prüfen, ob sich zwei Wörter reimen, muss das Programm dann lediglich überprüfen, ob bei diesen Wörtern die betonte Silbe und die nach ihr kommenden Buchstaben gleich sind.

Diese Informationen reichen einem Computerprogramm aus, um ein (primitives) Gedicht mit Paarreim (oder auch einem anderen Reimschema) zu schreiben. Das Programm muss, um nun einen Satz zu schreiben, je eines der gegebenen Substantive (mit bestimmtem Artikel), eines der Verben in der 3. Pers. Sing. Präsens und ein Adjektiv bzw. Adverb aussuchen. Ferner müssen sich die untereinanderstehenden Adjektive/Adverbien immer paarweise reimen.

Ein Beispiel:

Ein mögliches Ergebnis könnte z. B. so aussehen:

Der Mensch rechnet richtig,
das Buch ist gewichtig,
die Schule steht breit,
das Ziel liegt weit.

Das Gedicht ergibt zwar keinen Sinn, ist jedoch grammatikalisch richtig und enthält einen Paarreim.

Erweiterungen:

Um das Programm kompliziertere Gedichte schreiben zu lassen (z. B. mit anderen Wortarten wie etwa Pronomen, mit einem größeren Wortschatz, mit Plural, mit anderen Tempora, mit Imperativ, mit Passiv oder mit einem Sinn ergebenden Inhalt), muss man einige der Einschränkungen nicht vornehmen und die deutsche Grammatik dem Programm ausführlicher definieren.

   

Vitalij Schwarzmann